Die Volksschulen

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Der Wolpertinger
Batzi
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Die Volksschulen

Beitrag von Der Wolpertinger »

Die Volksschulen
In Bayern besteht (wie auch in den anderen deutschen Staaten) der Volksschulzwang, d. h. alle in Bayern wohnenden Eltern oder sonstigen erziehungsberechtigten Personen sind verpflichtet, die Kinder zur Schule zu schicken. Die Schulpflicht beginnt für Knaben und Mädchen mit der Vollendung des sechsten Lebensjahres und dauert regelmäßig zehn Schuljahre. Hiervon treffen sieben Jahre auf die Werktagsschulpflicht und drei auf die Sonntagsschulpflicht. Aufgenommen werden für die Regel nur solche Kinder, die bereits bei Beginn des Schuljahres das sechste Lebensjahr zurückgelegt haben. Die Kreisregierungen können jedoch für ihren Regierunsbezirk oder für Teile hiervon gestatten, daß auch solche Kinder aufgenommen werden, die das sechste Lebensjahr noch vor Ablauf des Kalenderjahres vollenden. Die Entlassung aus der Werktagsschule erfolgt am Schlusse des siebenten Werktagsschuljahres, wenn der Schulpflichtige die Schlußprüfung besteht, besteht er sie nicht, so kann er zu weiterem Versuch der Werktagsschule längstens auf die Dauer eines Schuljahres angehalten werden.

Für Kinder des achten Schuljahres können besondere Werktagsschulklassen eingerichtet werden. Der Eintritt in diese ist an sich freiwillig, es kann jedoch die Gemeindeverwaltung mit Genehmigung der Kreisregierung und regelmäßig unter Zustimmung der Gemeindevertretung den Besuch dieser achten Werktagsschulklassen zur Zwangspflicht machen. Der Besuch des achten Schuljahres wird auf die Sonntagsschulpflicht angerechnet.

Die Sonntagsschulpflicht beginnt mit dem Austritt aus der Werktagsschule und endet mit dem zehnten Schuljahr, wenn der Schulpflichtige die Entlassungsprüfung besteht. Besteht er sie nicht, so kann er angehalten werden, die Sonntagsschule weiter, längstens auf ein Jahr zu besuchen. Sonntagsschulpflichtige sind auch zum Besuche des öffentlichen oder für sie besonders eingerichteten Religionsunterrichts, der sogenannten Christenlehre, verpflichtet. Der Besuch der Sonntagsschule wird durch den Besuch einer Fortbildungsschule ersetzt, deren Unterricht von der Kreisregierung als Ersatz anerkannt ist. In derselben Weise, in der ein achtes Werktagsschuljahr eingeführt werden kann, kann der Besuch einer bestimmten Fortbildungsschule an Stelle der Sonntagsschule zur Pflicht gemacht werden.

Schulpflicht
Schulpflichtige Schüler, die die Schule wiederholt versäumen, können durch die Schuldiener oder durch die Organe der Ortspolizeibehörden vorgeführt werden. Die Eltern, Pflegeeltern, Vormünder, Dienst- und Lehrherren säumiger Schulpflichtiger werden wenn die Versäumung nicht entschuldbar ist, vor die Schulsitzung, d. h. eine besondere Versammlung der Mitglieder der Ortsschulbehörde geladen. erscheinen sie nicht oder können sie keine genügende Entschuldigung vorbringen, so sind sie das erste Mal zu warnen, bei weiteren Versäumnissen können sie für jede versäumte Schulzeit in eine Geldstrafe von 10-50 Pfennige genommen und neuerdings gewarnt werden. Ist auch dieses Mittel erfolglos, so werden sie im Wege des ordentlichen Strafverfahrens durch die Gerichte mit Geld oder Haft bestraft.

Als entschuldbare Versäumnisse gelten: Krankheit, ungestüme Witterung bei entlegenen Schulorten, Unentbehrlichkeit des Schulpflichtigen zu häuslichen oder landwirtschaftlichen Dienstleistungen in Notlagen, Teilnahme an ungewöhnlichen Familienereignissen.

[size=1s0]Wo stehen Volksschulen?[/size]
Jede Gemeinde soll wenigstens eine Volksschule besitzen, doch können ausnahmsweise auch mehrere Gemeinden zu einer Volksschule vereinigt oder Teile einer Gemeinde dem Schulsprengel einer Nachbargemeinde zugewiesen oder endlich Teile verschiedener Gemeinden zu einem besonderen Schulsprengel verbunden werden. In größeren Gemeinden sind mehrere Schulen mit räumlich abgegrenzten Bezirken zu errichten.

Die Volksschulen sind in Bayern regelmäßig konfessionelle Schulen, d. h. es ist bei der Leitung der Schulen und bei der Unterrichtserteilung konfessionelle Rücksichten ein Einfluß eingeräumt, es dürfen insbesondere an Volksschulen einer bestimmten Konfession nur Lehrer dieser Konfession angestellt werden. Ausnahmsweise "in außerordentlichen durch zwingende Verhältnisse bedingten Fällen" können die Konfessionsschulen in konfessionell gemischte, sogenannte Simultanschulen (von simultaneus= gemeinsam) umgewandelt werden. Die Umwandlung erfordert die Zustimmung der Gemeindevertretungen, häufig genügt bei der Beschlußfassung hierüber nicht die einfache Stimmmehrheit, sondern es wird eine Mehrheit von zwei Dritteilen oder drei Vierteilen der Stimmen erfordert. Errichtet eine Gemeinde eine neue Schule, ohne daß sie hierzu verpflichtet wäre, so sind leichtere Erfordernisse aufgestellt. Ein Zwang zum Besuch einer Simultanschule darf nicht eintreten, solange der Besuch einer Konfessionsschule möglich ist.

Errichtung neuer Schulen
Die Beschlußfassung über die Errichtung neuer und die Aufhebung bestehender Volksschulen und über die Bildung und Änderung der Schulsprengel steht den Kammern des Innern der Kreisregierung zu. Gegen deren Entscheidungen kann Beschwerde an das Kultusministerium eingelegt werden.
Die Aufbringung der Mittel zur Errichtung und zum Unterhalt der Schulen ist Sache der politischen Gemeinden. Greift der Bezirk einer Schule über den Bezirk der Gemeinde hinaus, so haben die zum Bezirk vereinigten Gemeinden und Gemeindeteile den Bedarf aufzubringen, und zwar, wenn andere Mittel nicht vorhanden sind, nach dem Verhältnis der indirekten Staatssteuern, die von den im Schulsprengel wohnenden Beteiligten zu entrichten sind. In dieser Weise ist der sachliche Bedarf, also im wesentlichen der Aufwand für die Schulgebäude, wie der persönliche Bedarf, das sind die Ausgaben für die Lehrer, aufzubringen.

Die Errichtung einer neuen Lehrstelle kann gefordert werden, wenn die Zahl der Schüler einer mit einem Lehrer besetzen Volksschule nach einem fünfjährigen Durchschnitt achtzig übersteigt, besteht an der Schule schon zwei oder mehr Schulklassen, so können die Mittel für einen weiteren Lehrer dann verlangt werden, wenn die Zahl der Schüler einer Klasse nach einem fünfjährigen Durchschnitt hundert übersteigt. An geistliche Gesellschaften oder religiöse Vereine kann der Volksschulunterricht nur mit Zustimmung der Gemeinde übertragen werden.

Das Schulgeld
Das Schulgeld, dessen Erhebung den Gemeinden freisteht, darf für Werktagschüler 72 Pfennig und für Sonntagschüler 36 Pfenning im Vierteljahr nicht übersteigen. Besuchen mehrere Kinder einer Familie die Schule, so kann nur für das jüngste der volle Betrag gefordert werden, für die übrigen ist nur die Hälfte zu zahlen. Gemeinden, die den vollen Bedarf für die Volksschulen ohne Überbürdung nicht aufbringen können, können Zuschüsse aus Kreismitteln beanspruchen. Den Kreisen sind hierzu besondere Mittel, insbesondere die sogenannte Kreisschuldotation, zu gewiesen. Die vermögensrechtliche Verwaltung der Volksschulen steht nicht den Schulaufsichtsorgangen, sondern den Organgen der Gemeinde zu. Greift der Sprengel der Schule über die Markung einer Gemeinde hinaus, so hat die vermögensrechtliche Verwaltung dieser Schule (die Sprengelschule genannt wird) in der Regel die Gemeindeverwaltung der Schulsitzgemeinde, die durch Mitglieder aus den anderen Teilen verstärkt wird.

Schulaufsicht
Die unmittelbare Aufsicht über die Schulen führen in den unmittelbaren Städten die Lokalschulinspektionen, auch Stadtbezirksschulinspektionen genannt, sie bestehen in der Regel aus dem Pfarrer als Vorsitzender und einem Magistratsrat als ordentlichen Mitgliedern, zu ihnen tritt häufig ein Volksschullehrer, daneben können noch außerordentliche Mitglieder vorhanden sein. Über den Lokalinspektionen stehen die Lokalschulkommissionen, auch Stadtschulkommission genannt, und die Magistrate, von denen erstere die technischen Angelegenheiten allein erledigen, während die Behandlung der übrigen durch beide Organe gemeinsam erfolgt. Die Lokalschulkommission setzt sich in der Regel zusammen aus den ordentlichen Mitgliedern der Lokalschulinspektionen, einer Anzahl Lehrer und dem Bürgermeister, letzerer ist Vorsitzender.

In den mittelbaren Gemeinden der Landesteile rechts des Rheins wird die unmittelbare Auffsicht von den Lokalschulinspektionen ausgeübt. Sie setzen sich in der Regel zusammen aus dem Pfarrer als Vorsitzender, dem Bürgermeister und Abgeordneten des Gemeindeausschusses bei Landgemeinden, des Magistrats bei Gemeinden mit städtischer Verfassung, hierzu tritt häufig ein Volksschullehrer. In den Gemeinden der Pfalz, denen die städtische Verfassung oder die Kreisunmittelbarkeit nicht verliehen ist, wird die nächste Aufsicht von der Ortsschulkommissionen ausgeübt. Sie sind in der Regel gebildet aus dem Bürgermeister als Vorsitzender, einem Mitgleid des Gemeinderats, den Pfarrern beider Konfessionen und einem Volksschullehrer.

Die Oberleitung für den Bezirk eines Regierungsbezirkes steht den Kammern des Innern der Kreisregierung und die oberste Leitung dem Kultusministerium zu, erstere stehen als fachmännische Organe die Kreisschulkommissionen zur Seite, für das Letztere ist zur fachmännischen Begutachtung die Landesschulkommission geschaffen. Als weiteres technisches Organ ist bei jeder Regierung ein fachmännisch gebildeter Kreisschulinspektor aufgestellt. Den wesentlichsten Bestandteil seiner Wirksamkeit bildet Vornahme außerordentliche Visitationen der Volksschulen des Regierungsbezirks.

Die Lehrer
Die Lehrer der Volksschulen sind entweder
  • Volksschullehrer (diesen ist eine ordentliche Lehrstelle übertragen)
  • ständige Schulverweser (Diese haben eine Schulstelle selbstständig zu versehen, ohne die Bezüge eines Volksschullehrers zu beziehen)
  • zeitweilige Verweser (diese haben eine Lehrstelle vorübergehend zu versehen)
  • endlich Hilfslehrer (diese haben unter der Leitung eines Volksschullehrers Unterricht zu erteilen.
Alle diese Stellen können auch weibliche Personen übertragen werden. Die Besetzung der Lehrstellen erfolgt durch die Kammern des Innern der Kreisregierungen. Es bestehen aber bisweilen Präsentationsrechte

Die Vorbildung der Lehrer erfolgt zunächst durch den dreijährigen Besuch einer Präparandenschule, daran schließt sich der zweijährige Besuch eines Schullehrerseminars, während dieser Zeit haben die Zöglinge in der Regel auch in dem Seminargebäude zu Wohnen. Die Aufnahme in die Seminarien ist von dem Bestehen der Präparandenschlußprüfung abhängig, ebenso ist beim Austritt aus dem Seminar die Seminarschlußprüfung abzulegen. Diejenigen, die die Prüfung bestanden haben, die Schuldienstexpektanten, finden meist nach einjähriger Schulpraxis Verwendung als Hilfslehrer und haben dann vier Jahre nach der Seminarschlußprüfung sich der Anstellungsprüfung zu unterziehen, die bei den Kreisregierungen abgehalten wird. Damit ist die Befähigung zur Führung einer selbständigen Schulstelle erworben. Für weibliche Bewerber sind die gleichen Erfordernisse aufgestellt, sie sind aber, da genügende öffentliche Anstalten mangeln, größtenteils angewiesen, die Ausbildung für die Prüfungen auf privatem Wege zu suchen.

Die Bezüge der Lehrer
Die Mindestbezüge der Lehrer und Lehrerinnen sind gesetzlich festgelegt, sie bewegen sich von 1200 M. für die Volksschullehrer bis herab auf 820 M. für die Hilfslehrer, dazu kommt der Anspruch auf Gewährung von Dienstwohnungen oder von Mietentschädigungen an Stelle solcher. Außerdem werden den Volksschullehrern und Volksschullehrerinnen, den Verwesern und Verweserinnen Dienstalterszulagen aus der Staatskasse gewährt, deren Höhe von der jeweiligen Bewilligung durch die Kammern abhängt. Der Ruhegehalt dienstunfähiger Lehrer wird aus besonderen zu diesem Zweck bestimmten Kreisanstalten bestritten.

Reichen deren Mittel nicht aus, so sind andere Mittel der Kreise heranzuziehen. Auch leistet der Staat Zuschüsse. Die Unterstützung der Hinterbliebenen der Volksschullehrer erfolgt durch besondere für diesen Zweck errichtete Kreisvereine. Hierzu kommen Unterhaltsbeiträge aus Staatsmitteln. Für die Gewährung von Ruhegehalten und von Unterstützungen an hinterbliebenen besteht weiter eine mit staatlichen Mitteln gegründete "Pensions- und Relikten-Unterstützungs-Zuschußkasse"



Wissensschmankerl
Für den Volksschulzwang ist die Staatsangehörigkeit der Kinder gleichgültig. Das heißt alle in Bayern wohnenden ..
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