Auszug aus: Bayerisches Staatsrecht, Bd 2, Max von Seydel. N.d.T.d.V. 1913.
Die Staatsteuern.
In Bayern hatte fast ein Jahrhundert lang das System der reinen Ertragssteuern gegolten1. Das im Jahre 1912 in Kraft getretene Steuerreformwerk2 hat die Einkommensteuer, die nun den Reinertrag der gesamten Einkommensquellen des Steuerpflichtigen und zwar aus Grund und Hausbesitz, Gewerbebetriebe, Kapitalvermögen, Beruf und Arbeit einheitlich erfaßt, als Grundlage der Besteuerung ausgebildet, neben ihr bleiben die Ertragssteuern aus Grund= und Hausbesitz, Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen als Ergänzungssteuern vorerst in Kraft, doch treten die Gesetze über die Ertragssteuern Ende 1818 außer Wirksamkeit, wenn nicht die Staatsregierung bis dahin dem Landtag Gesetzentwürfe zur Fortführung der Reform der direkten Steuern vorgelegt hat3. Als weitere direkte Staatssteuer blieb die Steuer vom Gewerbebetriebe im Umherziehen4, deren Erträgnisse allerdings der Gemeinde des Betriebsortes vom Rentamt überwiesen werden, bestehen, während das Besitzveränderungs= und das Hundeabgaben=G. das bestehende Gemeindebesteuerungsrecht erweiterten und das Warenhaussteuer=G. den Gemeinden eine neue Steuerquelle erschloß. Im übrigen bleiben die Gemeinden und Gemeindeverbände auch künftig auf Erhebung von Zuschlägen zu den direkten Staatssteuern angewiesen; für die Höhe der Zuschläge zu den einzelnen Steuerarten ist aber nach neuem Rechte das im Umlagen=G. im einzelnen bestimmte Interesse der Steuerpflichtigen an den gemeindlichen Einrichtungen maßgebend. Ab 1. Januar 1912 sind hiernach neben den reichsrechtlichen Vorschriften des Doppelsteuer=G. vom 22. März 1909 für die staatliche Besteuerung5 maßgebend: das Einkommen=6, Gewerbe=7, Kapitalrentensteuer=G.8 vom 11. August 1910, die Gesetze über die allgemeine Grund= und Haussteuer in der Fassung vom 4. November 19109 und das Einführungs=G. zu den Gesetzen über die direkten Steuern vom 14. August 191010, ferner die neben dem Reichserbschaftssteuer=G. vom 3. Juni 1906 in einem ganz beschränkten Umfang fortbestehenden einzelnen Vorschriften des Bay.G. über die Erbschaftssteuer vom 18. August 1879 in der Fassung vom 11. November 189911.
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1 Über die Geschichte der bayer. Steuergesetzgebung vgl. 2. Aufl. I S. 45 ff., 155ff.,II S. 413ff. u. die dortigen Literaturangaben, ferner die Reg. Denkschrift (s. Anm. 2), über die beseitigten Nachsteuern 2. Aufl. II S. 517. Vgl. auch G.V.Bl. 1907 S. 501 (Vertrag mit Schweden).
2 Vgl. die Denkschrift über die Reform der direkten Steuern in Verh. d. Abg. K. 1905/06 Beil, Nr 300 u. Begründ. z. Eink. St G. 1908 S. 38 ff. Hierzu vgl. Kutzer in d. Annalen 1907 S. 561.
3 S. Art. 8 d. E.G. z. St.G. v. 14. Aug. 1910. Kommt eine Vereinbarung über die beabsichtigte weitere Steuerreform (Vermögenssteuer) nicht zustande, so müssen diese G. in Kraft bleiben. Dies gilt auch für das Umlagen G. nach Art. 53 dieses G.
4 G. v. 19 März 1879 u. 20. Dez. 1897.
5 Die G. Entwürfe nebst Begr. sind in Beil. Bd. IV 1907/08Beil. Nr. 555S. 30 ff. d. Abg.K. enthalten. Über die Verh. wurde ein besonderes Repertorium herausgegeben (1911). Vollzugs=Vorschr. i. G. V. BI. 1911. Kommentar zu diesen Gesetzen von G. v. Breunig u. J. v. Henle, München 1911. Eine treffliche knappe Gegenüberstellung des früheren mit dem geltenden Rechte s. Jahrbuch des öff. R. Bd. S 444—514 (F. Bracker). Vgl. auch E. v. Ziegler in den Annalen 1912 S. 451 ff.
6 G.V. Bl. S. 493. Vollz. V. v. 28. Mai 1911. G. V. Bl. S. 455.
7 G.V. Bl. S. 535. Vollz. V. v. 28. Mai 1911. G VBl. S. 673.
8 G.V Bl. S. 549. Vollz V. o. 28. Mai 1911.G.V. Bl. S. 721.
9 G.V. Bl. S. 1029. Vollz.V. v. 24. Dez. bzu. 2. März 1911. G.V. Bl. S. 1343, 107.
10 G.V. Bl. S. 5768.
11 G. V. Bl. S 890. über die Änderungen infolge der R.G.St.G. f.u. §174.
Die öffentlich rechtlichen Staatseinnahmen im allgemeinen.
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