Das Schwäbisch-Fränkische Stufenland

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Der Wolpertinger
Batzi
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Das Schwäbisch-Fränkische Stufenland

Beitrag von Der Wolpertinger »

Das Schwäbisch-Fränkische Stufenland.

wird im Süden vom Schwäbischen, im Osten vom Fränkischen Jura, im Norden vom Fichtelgebirge, dem Franken- und Thüringerwald und der Rhön, im Westen vom Spessart, Odenwald und Schwarzwald begrenzt. In Gestalt eines fast gleichseitigen Dreiecks, dessen Spitze zwischen Basel und Schaffhausen nahe dem Rheine liegt, füllt das Schwäbisch-Fränkische Stufenland diesen Raum aus. Von den Tafelflächen des Jura, dem noch der Steigerwald und die Frankenhöhe vorgelagert sind, senkt sich das Land zuerst in steilen Stufen, dann in schwächerem Gefälle gegen Westen hin ab. Es ist deutlich in die beiden des Neckar- und des Mainlandes geschieden.

Das Neckarland umschließt das gesamte Flußgebiet des Neckars bis zu seinem Eintritt in die oberrheinische Tiefebene und schließt auch das Kreichgauer Hügelland nördlich des Rheins mit ein. Die Bodengestalt des württembergischen Neckarlandes bietet wechsel-reiche Bilder. Da liegen im Westen die mächtig ansteigenden Höhen des tannendunklen Schwarzwaldes, im Südosten die Jurahänge mit dem frischen Grün ihrer Buchenwälder, zu beiden Seiten des Neckars wogende Saatfelder. Das mit stattlichen Ortschaften erfüllte Neckartal aber zeigt überall den regsten Verkehr und die unermüdliche Betriebsamkeit der Bewohner. Hier und in den Seitentälern des Neckar wird Wein- und Obstbau in großem Umfange betrieben. Die Städte weisen ausnahmslos ein reges Geschäftsleben auf, das die natürlichen Vorzüge des Landes trefflich auszunützen weiß.

Die Landwirtschaft erzeugt namentlich Getreide, Zuckerrüben, Hopfen und Kartoffel. An Bodenschätzen ist das Gebiet nicht besonders reich, doch wird viel Salz gewonnen (u. a. bei Schwäbisch-Hall), und bei Tuttlingen findet man Eisenerz.

Unter den Siedlungen des Gebiets nimmt Stuttgart (290T.), die Hauptstadt des Königreichs Württemberg, die erste Stelle ein. Aus allen Himmelsrichtungen laufen hier die Verkehrs-wege des Landes zusammen. Hier hat sich auch eine mächtige Industrie entwickelt. Die Fabrikation von Möbeln, Klavieren, Maschinen und Eisenbahnwagen wird in großem Um-fange betrieben. Ferner blühen dort Buchhandel und Buchdruckerei, und die Fruchtbarkeit der Umgebung begünstigt in hohem Grade die Obstkultur und die Handelsgärtnerei. Cannstatt, Ludwigsburg und Ravensburg erzeugen Spinn- und Webwaren, ebenso die betriebsamen Orte in der Gegend von Reutlingen (30 T.), Ulm (55 T.) und Heidenheim. In Eßlingen (35 T.) werden Eisenwaren, in Heilbronn (42 T.) Chemikalien, Papier- und Lederwaren, Gold und Silbersachen hergestellt, während in Heidelberg (57 T.) die reichen Wasserkräfte des Neckar der Müllerei in hervorragendem Maße dienen.

An Mannigfaltigkeit der Bodengestalt und an Größe der Hauptwasserader wird das Neckar-gebiet vom Mainland übertroffen. Allerdings bleibt dieses hinsichtlich der Gunst der klimatischen Verhältnisse, der Vielseitigkeit des Erwerbslebens und der Dichtigkeit der Besiedelung hinter jenem zurück.
Der Main entsteht aus dem Weißen Main, der vom Fichtelgebirge, und dem Roten Main, der vom Fränkischen Jura kommt. Bei Kulmbach vereinigen sich die beiden Quellflüsse. Aber erst bei Bamberg, wo der Main die Regnitz empfängt, wird er schiffbar. Von hier zweigt auch der Ludwigs-Donau-Mainkanal nach Süden hin ab, der zuerst die Regnitz begleitet, dann bei Neumarkt in der Oberpfalz den Jura auf niedriger Wasserscheide überquert, bei Dietfurt in die Altmühl mündet und so Rhein und Donau verbindet. Seine künftige Bedeutung hängt davon ab, ob es gelingen wird, ihn zu einer Straße für die Großschifffahrt auszubauen.

Außerdem Maingrund, der sich in stark wechselnder Breite längs des viel gewundenen Hauptflusses von Osten nach Westen hin erstreckt, gehören diesem Abschnitte des Schwäbisch-Fränkischen Stufenlandes im Süden der Taubergrund, das vorwiegend von Ackern und Wiesen überdeckte Hügelland der Frankenhöhe, der waldumhüllte Steigerwald (bis zu 500m hoch) und die breite, vielfach sandige Ebene der Regnitz an. Nördlich des Mains erheben sich die Haßberge, und der zweite große Mainbogen umspannt das tief-gefurchte Plateau des Spessart (600m) mit seinem rauhen Klima, seinen wildreichen Wäldern und seiner spärlichen Besiedlung. Die gebirgigen Teile des Gebietes sind fast überall mit Wald bestanden. Das Maintal weist breite Wiesengründe und fruchtbares Ackergelände auf, in denen, oft hinter Obsthainen halb versteckt, zahlreiche wohlhabende Ortschaften verstreut sind. Berühmt sind die unterfränkischen Weine, die zum Teil eben-bürtig neben den des Rheingaues stehen. Wo Klima und Bodenbeschaffenheit den Obst- und Weinbau nicht ermöglichen, da wird neben dem Anbau von Getreide und Futter-pflanzen die Gärtnerei (bei Bamberg und Nürnberg), die Hopfenkultur (bei Spalt, längs der Pegnitz und der Aisch) und der Tabakanbau (um Nürnberg und Fürth) in ausgedehntem Maße betrieben. Und selbst die ärmlichsten Landstriche sind oft mit unsäglichem Fleiße mit Hafer und Kartoffeln bestellt oder mit ausgedehnten Föhrenbeständen bedeckt.

An nutzbaren Mineralien ist das Mainland arm. Außer den Sandsteinbrüchen, die man da und dort zerstreut findet, sind nur die Gipsgruben an der Aisch, die Tonlager bei Klingen-berg und die Basaltbrüche am Rhöngebirge erwähnenswert. Umso eifriger wandten sich die zahlreichen Bewohner des Gebietes dem Handel und denGewerben zu. So betreibt man am Obermain und im Vogtlande die Herstellung von Weiß- und Wollwaren, bei Lichtenfels die Korbflechterei, in der Nürnberger Gegend die Metallindustrie.

Unter den Gebirgen, die das Schwäbisch-Fränkische Stufenland umgrenzen nimmt das Gebiet des Deutschen Jura den breitesten Raum ein. Als ein Gürtel von Plateauhöhen, deren breiter Scheitel öfters ausgewitterte Steinruinen von seltsamen Formen trägt, zieht er in einem gewaltigen Bogen vom Rheindurchbruch bei Schaffhausen bis zum oberen Main hin. Gegen Süden und Osten geht er allmählich in die vorgelagerten Hochflächen über, während er sich gegen das viel tiefer gelegene Neckar- und Maingebiet hin in steilen Stufen hinab senkt. Scharf eingeschnittene, meist schmale Quertäler zerlegen das Gebirge in eine Reihe von Einzelstücken, schneiden aus seinem Kalkstocke größere und kleinere Tafelberge oder kegelähnliche Berginseln heraus, die wie Vorposten vor dem Hauptkörper des Gebirges stehen, wie der Bopfinger Ipf, der Hohenzollern und der Staufen.

Vulkanische Kräfte haben mitten im Jura die Senke des Rheines gebildet, die wegen ihres ergiebigen Getreidebaues und ihrer ergiebigen Vieh- und Geflügelzucht weithin bekannt ist. Nördlingen nahe der Wörnitz nimmt unter den Siedlungen dieses breiten Kessels die erste Stelle ein. Das Ries zerlegt den Deutschen Jura in eine südwestliche schwäbische und eine nordöstliche fränkische Hälfte. In beiden Teilen zeigen die weithin gedehnten Scheitel-flächen steinigen Boden, eine dürftige Grasnarbe, eine seichte Ackerkrume, große Wasserarmut, rauhes Klima und eine spärliche Besiedelung. In besonderem Maße gilt dies von der Rauhen Alb, die den größtenTeil des Schwäbischen Jura umfaßt. Nur die Talein-schnitte, die von einer Wasserader durchzogen werden, sind dem Anbau günstig und überraschen durch üppigen Graswuchs und durch die Anmut der landschaftlichen Bilder. Namentlich der Juraabschnitt zwischen Eichstätt und Treuchtlingen und die „Fränkische
Schweiz“ zwischen der Regnitz und dem Roten Maine zeichnen sich durch die Lieblichkeit ihrer Täler, die Mannigfaltigkeit ihrer Felsformen und vielfach auch durch ihre prächtigen Wälder aus. In den wasserreichen, waldumrahmten Juratälern finden sich die größten Siedlungen des Gebietes. Hier liegen zum Teil die Obstbaumwälder Württembergs an Kocher, Jagst und Rems. Hier wogen oft fruchtschwere Getreidefelder, hier finden sich streckenweise auch ergiebige Hopfengärten an Wörnitz, Altmühl und Pegnitz. Hier endlich werden auch die meisten Mineralschätze des Gebirges verwertet, so im Schwabenjura die Ölschiefer bei Reutlingen, die Eisenerze bei Aalen, im Frankenjura die berühmten Litho-graphieschiefer bei Solnhofen und die Eisenerze bei Amberg und bei Hollfeld.

Den Kern der oberfränkischen Bergwelt bildet das Fichtelgebirge. Vier der stattlichsten deutschen Mittelgebirge schließen sich ihm an: Erzgebirge, Böhmerwald, Jura und Frankenwald. Vier Flüsse entspringen auf ihm: Main, Saale, Eger und Naab. Vier Volks-stämme stoßen hier zusammen: Bayern, Franken, Sachsen und Böhmen. Es hat die Gestalt eines nach Nordosten geöffneten Hufeisens. Die Hauptmassen des Gebirges liegen im Westen, wo Ochsenkopf und Schneeberg eine Höhe von mehr als 1000m erreichen. Dem Böhmerwald ist das Fichtelgebirge sowohl nach seinem landschaftlichen Aussehen als nach seiner wirtschaftlichen Bedeutung nahe verwandt. Auch hier besteht der Boden aus Granit und Gneis. Auch hier ist das Klima rau und der Wasserreichtum infolge der reichen Niederschläge bedeutend. Ausgedehnte Waldungen, die dem Gebirge seinen Namen gegeben haben, bedecken seine kuppelförmigen Höhen und geben Anlaß zu einer umfang-reichen Holzindustrie. An Mineralien werden Granit und Syenit sowie Porzellanerde (bei Selb) und etwas Eisenerz gewonnen. Daneben betreibt die Bevölkerung des Fichtel-gebirges als Hausindustrie in weiten Bezirken die Leinenweberei, die Stickerei und die Kunst des Klöppelns. Der Ackerbau ist wegen der Ungunst der Bodenverhältnisse sehr wenig ergiebig und erzeugt nur Hafer, Kartoffeln und Flachs.

Der Frankenwald schließt sich dem Fichtelgebirge gegen Nordwesten hin an. Er gehört nur teilweise zu Bayern und bildet ein Tonschiefergebirge mit vielen parallel streichenden Zü-gen, deren Scheitelflächen sich plateauartig verbreitern. Der Holzreichtum des Gebietes bildet die Grundlage für die Flößerei, die namentlich in den gegen den Maingrund hin auf-geschlossenen Tälern schwunghaft betrieben wird. Daneben blüht die Fabrikation von Schiefertafeln und Griffeln, zu denen die zahlreichen Schieferbrüche (namentlich bei Lehesten und Gräfenthal) das Material liefern.

Den Mittelpunkt des Handels im gesamten Frankenlande bildet Nürnberg (840T.), der Kreuzungspunkt der Wege vom Main nach Böhmen, von den Rheinlanden nach Wien, vom Fichtelgebirge und dem Frankenwalde zur Donau. Nürnberger Spielwaren, Bleistifte, Farben, Blech-, Leder und Zuckerwaren haben Weltruf. Ebenso blüht dort die Fabrikation von Blattmetall, Eisenbahnwagen, Dampf und Nähmaschinen und Maschinen für elek-trischen Betrieb. Nürnberg ist der bedeutenste Markt für den europäischen Hopfenhandel. Reich ist die Stadt an Meisterwerken deutscher Kunst. Unter den Bauwerken ragen die Lorenzer und die Sebalduskirche, die altertümliche Burg, die alten Tore und das Germanische Museum hervor. Eine äußerst betriebsame, rasch aufstrebende Stadt ist das benachbarte Fürth (70T.) mit großartiger Goldleisten- und Spiegelfabrikation. Es hat teil an dem reichen Verkehr ,der von Nürnberg aus in sieben wichtigen Eisenbahnlinien nach allen Himmelsrichtungen hinausstrebt. Erlangen, eine der drei bayerischen Universitätsstädte, erzeugt Wirkwaren und Handschuhe, Schwabach Nadeln und Blattgold, Weißenburg Tressen und Borten, Ansbach (20T.), die Hauptstadt Mittelfrankens, hat Konserven-, Beinknopf- und Kinderwagenfabriken. An diese mittelfränkischen Städte reihen sich viele oberfränkische bezüglich ihrer Betriebsamkeit würdig an, so die alte Bischofsstadt Bamberg (50 T.), die in prächtiger Lage auf Jurahügeln erbaut, das malerische Tal des Obermain und die breite Regnitzebene beherrscht. Fleißige Hände haben die mageren Sand- und Keuperflächen der Umgebung in fruchtbares Gartenland verwandelt, das einem ausgedehnten Samen- und Gemüsehandel zur Grundlage dient. Eine ansehnliche Industrie, die sich namentlich auf Spinnerei und Weberei erstreckt, und der neu angelegte Mainhafen lassen einen bedeutsamen Auf-schwung der Stadt erhoffen. Das hervorragendste Bauwerk ist der romanische Dom, der die Gräber des Kaisers Heinrichs II. und seiner Gemahlin Kunigunde umschließt.

Die Richard-Wagner-Stadt Bayreuth (35T.) am Roten Main ist die Hauptstadt des Kreises Oberfranken. In Hof (12 T.) an der vogtländischen Saale hat die fränkische Spinn- und Webeindustrie ihren Hauptsitz. Kronach ist als Stapelplatz für Holz und Steinkohlen, Kulmbach durch seine Bierbrauereien, Lichtenfels als Mittelpunkt einer blühenden Korbwarenindustrie weithin bekannt. Kurz unterhalb der neuen Bamberger Hafenanlagen tritt der Main in unterfränkisches Gebiet über. Der fruchtbare Lößboden, die reiche Bewässerung und das milde Klima begünstigen hier den Acker- und Gartenbau, der einen reichen Ertrag an Getreide, Obst, Wein und Gemüse liefert. Blühende Siedlungen begleiten den vielgewundenen Lauf desFlusses: Haßfurt, Schweinfurt mit Farb- und Stahlwerken und ansehnlichem Vieh- und Getreidehandel, ferner Kitzingen mit schwunghaftem Weinhandel, Ochsenfurt in überaus fruchtreicher Gegend und vor allem Würzburg (85 T.), die Hauptstadt des Kreises Unterfranken, Sitz einer starkbesuchten Universität, Hauptort des fränkischen Weinhandels mit aufstrebender Industrie (Schnellpressen). Unterhalb dieser Stadt umschließt der Main in einem nach Norden geöffneten Viereck den Spessart mit seinen herrlichen Wäldern. In üppiger Fruchtbarkeit schmiegt sich an dieses aus Buntsandstein aufgebaute Gebirge das malerische Flußtal an, unter dessen Siedlungen Lohr mit namhafter Holz- und Eisenindustrie, Miltenberg und Aschaffenburg (30T) mit Holzhandel und Papierfabriken, hervorragen. Gegen Nordosten hin schließt sich dem Spessart das höhere und rauhere Rhöngebirge an, auf dem sich die Basaltmassen des Kreuzberges (930 m) und der Wasserkuppe (950 m) erheben. Den Südostfuß des Gebirges begleitet das liebliche Tal der Fränkischen Saale mit dem vielbesuchten Bad Kissingen.

Quelle: Bayerisches Realienbuch von L. Kahnmeyer und H. Schulze Nr. 63. 1915. S.11
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