Die Katholische Kirche

Im Fachportal für die kirchlichen Angelegenheiten des Königreichs sammeln und bearbeiten wir alles wissenswerte sowie gesetzlich relevante zu den Gegenständen der Religion und Kirchen, insbesondere die im § 6 der Verordnung vom 15. Dez. 1846 aufgeführten.
Antworten
Benutzeravatar
Der Wolpertinger
Batzi
Beiträge: 121
Registriert: So 19. Jun 2022, 17:42
Kontaktdaten:

Die Katholische Kirche

Beitrag von Der Wolpertinger »

II. Die katholische Kirche.

1. Während dem Protestantismus lokale Gemeinden wesentlich sind und die Verbindung der Gemeinden zu einem größeren Ganzen
nur eine zufällige Erscheinung ist, tritt die katholische Kirche rechtlich als eine Einheit auf. Es gibt nur eine katholische Kirche, Bistümer und Pfarreien sind nichts selbständiges, sondern nur Teile eines Ganzen. Die oberste Kirchengewalt ruht völlig in den Händen des Papstes, nachdem das vatikanische Konzil vom Jahre 1870 festgestellt hat, daß die Bischöfe lediglich die Bevollmächtigten des Papstes sind und daß der Papst in Gegenständen des Glaubens und der Moral "unfehlbar" ist. Den obersten Staats- und Kirchenrat des Papstes bilden die Kardinäle; ihnen steht auch beim Freiwerden des päpstlichen Stuhles die Wahl des neuen Papstes zu. Unter ihnen sind besonders zu erwähnen der Kardinalkämmerer, dem die Aufsicht über die Verwaltung der Einkünfte des Papstes obliegt, und der Kardinalstaatssekretär, der beim päpstlichen Stuhle gewissermaßen die Stellung eines Ministers des Auswärtigen einnimmt. Die päpstlichen Gesandten bei den Regierungen der weltlichen Staaten heißen Nuntien, die mit einem einzelnen
Auftrag betrauten Legaten. Auch nach Bayern ist, und zwar mit dem Sitz in München, ein Nuntius entsandt.

2. In Bayern bestehen acht Bistümer; zwei hiervon, nämlich München-Freising und Bamberg, sind Metropolitanbistümer
(auch Erzbistümer genannt), sechs einfache Bistümer, nämlich Augsburg, Passau und Regensburg, gehörig zum Metropolitanbezirk
München-Freising, und Würzburg, Eichstätt und Speyer, gehörig zum Metropolitanbezirk Bamberg. Der Metropolit ist nicht etwa schlechthin Vorgesetzter der Bischöfe, sondern beide haben im wesentlichen die gleiche Stellung; sie haben in Unterordnung unter den Papst die
Kirche zu leiten; es ist deshalb für die Diözese des Metropoliten nicht neben ihm noch ein Bischof bestellt. Vor den übrigen Bischöfen, den
sog. Suffraganbischöfen, zeichnet sich der Metropolit nur dadurch aus, daß ihm in den zu seinem Metropolitanbezirk gehörigen Diözesen
einzelne Rechte zustehen, so insbesondere das Recht, die Bischöfe zu Versammlungen, den sog. Provinzialsynoden, zu berufen.
Hinsichtlich der Besetzung der bischöflichen Stühle ist die Freiheit der Kirche in Bayern erheblich eingeschränkt; es ist
nämlich der Königs berechtigt, für die erzbischöflichen und bischöflichen Stühle würdige und taugliche Geistliche, die die nach kanonischem
Rechte erforderlichen Eigenschaften besitzen, zu ernennen; diese hat dann der Papst einzusetzen. Der bayerische Staat hat sich dem päpstlichen Stuhl gegenüber verpflichtet, den Bischöfen ein jährliches Reineinkommen zuzuweisen, das für München 20 000 Gulden beträgt, bei den übrigen Bistümern allmählich herabgeht bis auf 8000 Gulden.

Dem Bischof steht eine Anzahl von Gehilfen zur Seite, das Domkapitel. Dieses besteht aus zwei „Würdenträgern“, dem
Probst, der die Leitung der äußeren Angelegenheiten hat, dem Dekan, dem die Leitung des Gottesdienstes obliegt, und aus zehn
einfachen „Kanonikern“ bei den Metropolitankirchen, und acht „Kanonikern“ bei den bischöflichen Kirchen. Außerdem umfaßt das
Kapitel noch mindestens sechs Kapitelvikare. Auch für den Unterhalt der Mitglieder des Kapitels hat der Staat zu sorgen und er wirkt
bei deren Besetzung erheblich mit. Bei jedem Erzbischof und jedem Bischof besteht ein sogenanntes Ordinariat, d. i. eine besondere Behörde für die Behandlung der Diözesanangelegenheiten. Die Ordinariate sind ein Verwaltungsorgan des Erzbischofs oder des Bischofs und gliedern sich in zwei
Abteilungen, das sog. Generalvikariat und den allgemeinen geistlichen Rat.

3. Die Bistümer teilen sich in Dekanate; jedes der letzteren umfaßt mehrere Pfarreien. An der Spitze des Dekanats steht der
Dekan. Die Geistlichen des Dekanats treten zu Versammlungen, dem sogenannten Landkapitel, zusammen. Der Dekan wird auf
Vorschlag des Landkapitels vom Bischof ernannt. Die Wahl wird vom Bischof der Staatsregierung angezeigt. Ihm obliegt eine aufsichtliche Tätigkeit über die Geistlichen seines Bezirks.

4. Pfarreien gibt es in Bayern etwas über 3000. Der Pfarrer hat für den Bezirk der Pfarrei die Seelsorge zu verwalten; ihm
stehen bisweilen Gehilfen zur Seite. Von diesen sind zu erwähnen die Kuratkaplane und die Kooperatoren. Für einen großen Teil der
Pfarreien steht dem König das "Patronatsrecht“ zu, insbesonderen Falle Pfarreien, auf die die Vorfahren des Königs dieses Recht in der
gewöhnlichen Weise erworben haben, aber auch bei Pfarreien, bei denen das Patronatsrecht in älterer Zeit später aufgehobenen
geistlichen Korporationen zustand. Bei Pfarreien, für die keinerlei Patronatsrecht besteht und die deshalb von den Bischöfen an sich frei
besetzt werden könnten, sind letztere in Bayern doch insoweit beschränkt, als sie die Pfarreien nur an Personen vergeben können, die
dem König genehm sind. Die Bestätigung des Königs ist auch erforderlich bei Pfarreien, für die ein privates Patronatsrecht besteht.
Die Genehmigung durch den König finden nur solche Bewerber, die sich dem sogenannten Pfarrkonkurs unterziehen, d. i. einer
durch staatliche Vorschriften eingehend geregelten Prüfung, die vor einer durch den Bischof gebildeten Prüfungskommission stattfindet.

5. Die Errichtung geistlicher Gesellschaften und Institute, also insbesondere die Zulassung von Orden, die Errichtung von Klöstern, aber auch die Errichtung von geistlichen Bruderschaften, Kongregationen, dritten Orden bedarf der königlichen Genehmigung. Auch über die Ordensgelübde dürfen ohne Mitwirkung der Staatsregierung keine Bestimmungen getroffen werden. In Bayern bestehen zurzeit 101 Männerklöster mit 6 Filialen und etwas über 2000 Mitgliedern und 76 Frauenklöster mit 1036 Filialen und über 13 000 Mitgliedern.
#Bayern #Ewigerbung #Geschichte #Gesetze #Königreich Bayern #Kultur #Monarchie #König
Antworten

Zurück zu „Das Fachportal für die kirchlichen Angelegenheiten des Königreichs.“